Transkriptionsregeln in wissenschaftlichen Arbeiten
Wenn du in deiner wissenschaftlichen Arbeit eigene Forschung in Form von Interviews durchführst, müssen diese transkribiert werden. Transkription bedeutet, Audioaufnahmen zu verschriftlichen. Auf diese Weise kannst du qualitative Daten analysieren und wörtlich in deiner Haus-, Bachelor- oder Masterarbeit zitieren.
Aber wie funktioniert die wissenschaftliche Transkription? Was gilt es zu beachten, und welche Methoden und Regeln gibt es?
Wissenschaftliche Transkription – das ist zu beachten:
Vorweg einige Tipps und zu beachtende Dinge in der wissenschaftlichen Transkription:
1. Genug Zeit einplanen
Dies ist der allerwichtigste Punkt. Häufig wird unterschätzt, wie viel Zeit Transkriptionen in Anspruch nehmen. In der Regel braucht man für die Transkription 4-10 Mal länger als die Länge der Audiodatei. Es kann also sein, dass du für ein einstündiges Interview sechs Stunden an der Transkription sitzt. Dies musst du unbedingt in deinem Zeitplan für die Hausarbeit, Bachelorarbeit oder Masterarbeit berücksichtigen.
Versuche außerdem, so früh wie möglich nach Durchführung der Interviews schon zu transkribieren. So ist das Interview noch frisch in deinem Gedächtnis.
2. Gründlich und konzentriert arbeiten
Vielleicht denkst du, das Transkript ist nicht so wichtig, weil du am Ende eh nur einige wenige Stellen wörtlich zitieren wirst. Allerdings musst du das Transkript auch im Anhang vollständig beifügen. Das gewährt das Gütekriterium der Transparenz in der Wissenschaft. Bei Zitaten aus deinen Interviews verweist du dann in Klammern auf den Anhang mit dem Transkript. So kann deine Betreuungsperson deine Analyse und Ergebnisse besser nachvollziehen.
Um ein gutes Transkript zu erstellen, ist Konzentration das A und O. Transkribieren kann anstrengend sein. Vermeide deshalb Ablenkungen und richte regelmäßige Pausen ein, um bei der Sache bleiben zu können.
3. Eventuell Anonymisierung beachten
Eventuell arbeitest du in deinen Interviews mit sensiblen Daten. Wenn du nicht gerade Experteninterviews führst, sondern mit ganz normalen Privatpersonen sprichst, solltest du diese anonymisieren. Dazu zählt nicht nur, dass du ihnen einen anderen Namen gibst. Du solltest auch Informationen, die Rückschlüsse auf die Person zulassen (wie Namen von Freunden, der Wohnort, etc.) im Transkript abändern, um den Datenschutz deiner Interviewpartner zu gewährleisten.
Arten der Transkription
Es gibt verschiedene Arten der Transkription, wodurch sie sich mehr oder weniger schwierig gestalten kann. Welche Art du wählen solltest, hängt von deiner Forschung ab. Wenn es dir nur um Fakten geht, wie beispielsweise bei Experteninterviews, kann die vereinfachte Transkription ausreichen. In der Psychologie, Soziologie und einigen anderen Disziplinen, in denen es auch auf menschliches Verhalten in der Analyse ankommt, wird eine lautsprachliche Transkription benötigt.
- Vereinfachte Transkription: In der vereinfachten Transkription wird die gesprochene Sprache etwas bereinigt. Ähms und Pausen und Wortwiederholungen werden ignoriert, da es letztendlich nur um den Inhalt des Gesagten in der Analyse gehen soll.
- Lautsprachliche Transkription: Auch ein ähm oder hm sagt etwas aus und lässt sich interpretieren. Deshalb wird in der lautsprachlichen Transkription alles notiert. Dialekte, Stottern, Betonungen, Pausen und in der Linguistik beispielsweise auch Tonhöhen oder Sprechtempo werden hier im Transkript notiert, um eine möglichst genaue Analyse zuzulassen.
Beispiel vereinfachtes Transkript:
Interviewer: Haben Sie genug Zeit eingeplant für Ihre Transkription?
Befragter: Ja, im Zeitplan für meine Bachelorarbeit habe ich vermerkt, dass ich mir eine Woche Zeit dafür nehme.
Beispiel lautsprachliches Transkript:
Interviewer: Und äh haben Sie genug Zeit eingeplant für Ihre Tra/Transkription?
Befragter: Hmm (..) ja im Zeitplan für meine Bachelorarbeit hab ich ange/vermerkt dass ich mir ne Woche Zeit dafür nehm.
Transkriptions-Regeln
Es gibt verschiedene Transkriptions-Systeme mit eigenen Regeln, an denen du dich mit deiner Transkription orientieren kannst. Hier stellen wir dir kurz die bekanntesten vor: die Transkription nach Dresing & Pehl (2018) und das GAT 2 System.
Transkription nach Dresing & Pehl (2018)
Im Praxisbuch der Transkriptionssoftware f4 legen Dresing & Pehl Regeln für die einfache und erweiterte Transkription fest:
Regel | Einfache Transkription | Erweiterte Transkription |
---|---|---|
ähm, hm,… | weglassen „Das war ganz gut so.“ | notieren „Ähh das war ganz gut so.“ |
Dialekte und Umgangssprache | übersetzen „Sag mal, das gibt es doch nicht!“ | lautsprachlich abbilden „Samma, das gibts doch nicht!“ |
Pausen | kennzeichnen durch (…) „Ich denke das war wichtig.“ | je nach Länge notieren (.) / (..) / (…) „(…) Ich denke (..) das war (.) wichtig.“ |
Emotionen | in Klammern notieren „Das war eine schöne Zeit (lacht).“ | in Klammern notieren „Das war eine schöne Zeit (lacht).“ |
Wort- und Satzabbrüche | ignorieren „Mir ging es eine Weile nicht gut.“ | duch / kennzeichnen „Ich wollte/ also mir gings ne Weile schle/nicht gut.“ |
Überlappungen | ignorieren | kennzeichnen durch // A: Und dann //habe ich// B: //Hast du eigentlich// |
Betonungen | ignorieren „Das war wirklich sehr schön damals.“ | GROß schreiben „Das war wirklich SEHR schön damals.“ |
Hier kannst du alle Regeln von Dresing & Pehl nachlesen: Dresing, Thorsten/Pehl, Thorsten: Praxisbuch Interview, Transkription & Analyse. Anleitungen und Regelsysteme für qualitativ Forschende. 8. Auflage. Marburg, 2018.
Transkription nach GAT 2 Regeln
Das Transkriptionssystem GAT 2 wurde 2009 von zahlreichen Sprachwissenschaftlern in Zusammenarbeit entwickelt und bietet Optionen für ein Minimal-, Basis- oder Feintranskript.
Bereits das Minimaltranskript bietet schon Informationen über Lachen, Pausen, Stottern oder auch langes Ein- und Ausatmen. Im Basistranskript kommt das Vermerken von Betonungen hinzu. Im Feintranskript werden dann auch Tonhöhen, Sprechgeschwindigkeit und mehr notiert, was jedoch nur für Linguisten relevant ist.
Im GAT 2 Transkriptionssystem wird der Text außerdem in Segmente aufgeteilt. Das heißt, nicht jeder Sprecherbeitrag ist ein Absatz, sondern die Absätze werden aufgeteilt für eine tiefergehende Analyse.
Alles weitere zum GAT 2 Transkriptionssystem kannst du hier nachlesen.
FAQ: Häufige Fragen zur Transkription
Wie lange dauert es, eine Stunde Audio zu transkribieren?
Die Dauer der Transkription hängt von vielen Faktoren ab.
- manuelle Transkription ohne Software: 6-10 Stunden Arbeit pro Aufnahmestunde
- manuelle Transkription mit Software: 4-6 Stunden Arbeit pro Aufnahmestunde
- Automatisches Transkriptionstool: wenige Minuten pro Aufnahmestunde, Nachbearbeitung ca. 2-5 Stunden Arbeit pro Aufnahmestunde
- Professionelle Transkription in Auftrag geben: ca. eine Woche Bearbeitungszeit, Expressservice schneller
Es macht außerdem einen Unterschied, ob du ein vereinfachtes oder lautsprachliches Transkript erstellst. Das vereinfachte Transkript kann deutlich schneller gehen.
Welches Transkriptionssystem sollte ich verwenden?
Es hängt von der Art deiner Forschung ab. Eine vereinfachte Transkription ist ausreichend, wenn es nur um den Inhalt geht. Für komplexere Analysen, wie in der Sprachwissenschaft oder Psychologie, sollte eine lautsprachliche Transkription gewählt werden, die Pausen, Betonungen und andere sprachliche Merkmale erfasst.
Wie transkribiert man Lachen?
Lachen und andere nonverbale Merkmale wie seufzen, räuspern, oder ähnliches werden in lautsprachlichen Transkripten vermerkt, da sie auch viel über das Gesagte aussagen können. Je nach Transkriptionsregeln wird ein Lachen in Klammern gesetzt oder in seiner Reichweite notiert (Bsp.: „von Gärtnerei hab ich <<lachend>gar keine Ahnung>“).
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